FEHLER DER VERGANGENHEIT KORRIGIEREN

Susanne Fürst

Dr. Susanne Fürst

Abgeordnete zum Nationalrat

Sie sah als Kind regelmäßig Bruno Kreisky im Fernsehen. Er war für sie wie ein „Familienmitglied“, strahlte mit seiner ganzen Persönlichkeit die Stabilität, den zunehmenden Wohlstand und sozialen Frieden seiner Zeit aus. Und erweckte in der Rechtsanwältin mit zutiefst freiheitlicher Gesinnung das Interesse an der Politik.

 
Meine Generation ist ohne größere innen- und außenpolitische Sorgen groß geworden. Uns wurde vermittelt, dass jeder mit entsprechender Leistungsbereitschaft aufsteigen kann und so war es auch. Mit dem sozialen Frieden und der Geborgenheit einer homogenen Gesellschaft ist es nun vorbei. Es hat sich eine beängstigende Lawine an gesellschaftlichen Problemen und Destabilisierung aufgebaut, erzeugt vor allem durch verantwortungslose Politik. Der Entschluss, in die Politik einzusteigen, liegt – neben der großen Identifikation mit den freiheitlichen Zielen meiner Partei – darin, mitzuhelfen, die Fehler der Vergangenheit möglichst zu korrigieren“, sagt Dr. Susanne Fürst, die in ihrer Funktion gerne vieles verändern möchte. „Ich möchte vor allem mithelfen, ein Österreich wiederherzustellen, welches selbstbewusst seine angeschlagene freiheitlich-demokratische Grundordnung mit den Werten der individuellen Freiheit, Offenheit, Toleranz, Meinungs- und Pressefreiheit, der Trennung von Staat und Religion und der Gleichberechtigung von Mann und Frau, entschieden verteidigt, Und ich halte es für unendlich wichtig, dass Bildung im Humboldt´schen Sinne wieder einen höheren Stellenwert in der Gesellschaft erhält. Mündige, Vernünftige, nicht leicht verführbare Bürger kann es nur geben, wenn der Anspruch auf Allgemeinbildung gestellt wird, ohne dass der Weg dorthin als unnützes Faktenwissen und öder Frontalunterricht verleumdet wird“, so die Juristin.

 

Leistungsbereitschaft und Können werden belohnt
Dass es Frauen in der Politik schwerer als Männer haben könnten, darüber denke sie gar nicht nach: „Auch in meinem Zivilberuf Rechtsanwalt hieß es stetes, als Frau hast du es viel schwerer. Das habe ich nie so empfunden. Ich denke, man darf nicht jede negative Erfahrung als diskriminierende Maßnahme und Ablehnung als Frau einordnen. Jeder Mensch ist in seinem Leben mit Zurückweisung, Ungerechtigkeit oder Grobheiten seitens anderer Menschen konfrontiert. Auch wir selbst teilen – bewusst oder unbewusst – aus. Selbst wenn ich eine Funktion oder eine Aufgabe nicht bekomme, weil ich eine Frau bin, würde ich nicht trauern. Auch andere Männer als der betreffende Mann bekommen sie nicht. Man macht weiter und es ergeben sich wieder neue Chancen. Meiner Erfahrung nach werden Leistungsbereitschaft und Können stets geschätzt und belohnt, wenn auch vielleicht mit kleiner Verzögerung.“ Und welche Eigenschaften sind nötig, um in der Politik durchzustarten? „Als Quereinsteigerin bin ich wohl nicht nur aufgrund meiner zutiefst freiheitlichen Gesinnung, sondern wegen meiner fachlichen Qualitäten in die Politik gelangt. Zusätzlich benötigt man gutes Gespür für die Machbarkeit und Durchsetzbarkeit von politischen Anliegen, Kompromissbereitschaft, Verhandlungsgeschick und Geduld. Politik ist eben, laut Bismarck, die „Kunst des Möglichen“. Dies schließt allerdings nicht aus, dass man mit viel Mut und Entschiedenheit zur richtigen Zeit sehr viel bewegen kann. Anständigkeit, Ehrlichkeit, Weitblick und Begabung im Umgang mit Medien schaden zudem keinem Politiker.“

 

Von der neuen Regierung wird viel erwartet
Von Politikverdrossenheit hält die Abgeordnete nichts: „Die gibt es nach meiner Erfahrung nicht. Die Menschen ziehen sich nur dann aus der Politik zurück, wenn sie das Gefühl haben, machtlos zu sein, von der Politik nicht mehr gehört zu werden und aus den Medien nicht die Wahrheit zu erfahren. So ging es mir selbst auch. Ich entschied mich dafür, politisch aktiv zu werden, da ich eine Chance sah, Teil eines Aufbruchs zu sein. Ich erlebe jetzt sowohl in meinem beruflichen als auch privatem Umfeld unglaublich viel Interesse an Politik. Es bestehen beklemmend viele Hoffnungen in die Politik der neuen Regierung und ich möchte meinen Beitrag dazu leisten, diese Erwartungen nicht zu enttäuschen.“ Ihr Tipp an die Leserinnen: „Leistungsbereite, konsequente und qualifizierte Frauen mit positiver Ausstrahlung, die mit Freude bei der Sache und nicht wehleidig sind, sind in jeder Partei gefragt. Wenn man nur aus Eitelkeit und Streben nach persönlichem Vorteil in die Politik geht, wird man früher oder später scheitern. Ich würde zudem empfehlen, nicht zu jung in die Politik zu gehen, auch wenn dies gerade sehr modern ist. Einen eigenen Beruf und gewisse Lebenserfahrung zu haben, mach stark, unabhängig und bewahrt vor Überheblichkeit!“ (Interview übernommen aus Austrian business woman 7-8/2018, S. 49)

 

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